Heute kommt der letzte Teil vom 'Übergang in den Ruhestand' von Volker Karl Lindenberg
Plötzlich fährt es dir in die Knochen: Ich werde alt und ich werde sterben! Viele Männer berichten von solcher ganzheitlich erfahrenen Gewissheit: Ich bin sterblich! Meist bricht diese Erkenntnis plötzlich und unerwartet ins Bewusstsein, ausgelöst vielleicht durch einen körperlichen Schmerz, einen altbekannten oder einen, der sich das erste Mal meldet. Natürlich wissen wir alle um die Endlichkeit des Lebens, auch unseres Lebens. Es aber urplötzlich in Körper, Geist und Seele als eine unumstößliche Wahrheit zu erfahren, verändert den Blick auf unser Leben oder lädt doch zumindest dazu ein.
"Jeder neue Tag ist der erste Tag vom Rest deines Lebens", lautet ein weithin bekannter Sinnspruch. Geschenkte Zeit! Aber erst mit der Gewissheit der eigenen Endlichkeit, bekommt der Spruch eine tiefere Bedeutung. Er provoziert Fragen wie: Wenn meine Zeit hier auf dieser Erde begrenzt ist, was will ich dann damit anfangen? Wie will ich sie füllen? Welche Qualität soll das, was ich noch will, haben? Was gibt es noch zu erledigen oder abzuschließen (z.B. in Bezug auf andere Menschen)? Welche Orte/Länder möchte ich noch bereisen?
Manche Menschen haben eine Löffelliste (auf der alles aufgelistet steht, was sie noch erleben möchten, bevor sie den Löffel abgeben). Das kann hilfreich sein aber auch Druck machen, besonders wenn unerwartete Ereignisse eintreten und unsere Lebensqualität plötzlich oder schleichend eingeschränkt wird.
Neben dieser großen, zeitlich weit nach vorne reichenden Perspektive provoziert der oben zitierte Sinnspruch aber auch dazu, den Blick auf das Hier und Jetzt zu richten. Das Leben in jedem Moment auskosten können und der Kostbarkeit jedes Augenblickes nachzuspüren, ist eine elementare Facette der Selbstfürsorge. Dabei ist nicht entscheidend, ob du dich gerade in einer meditativen Stimmung befindest, ein gutes Gespräch führst, einen erlesenen Whisky trinkst oder aufräumst. Um jeden Moment auszukosten braucht es "nur" Wachheit und Achtsamkeit. Es geht um "abwaschen um abzuwaschen", wie es der Mönch Thich Nhat Hanh einmal formulierte.
Eine kleine Hilfestellung: Frag dich morgens, bevor du in den Tag startest: Was muss heute passieren (und was kann ich dafür tun), damit ich am Abend sagen kann: Dies war ein guter Tag!